Hicksville

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Leonard Batts ist ein recht erfolgreicher Comic Journalist. Er reist nach Hicksville, um mehr über den in den USA gefeierten Starautor und –zeichner von Captain Tomorrow zu erfahren. Doch schnell muss er erkennen, dass er dort auf Granit beißt, denn Dick Burger ist in Hicksville ziemlich unbeliebt. Einzig Sam Zabel, ein Freund von Dick seit Kindheitstagen, scheint bereit, ein wenig mit Leonard zu reden.

Ganz allmählich findet Batts das Geheimnis heraus, das Hicksville und Dick Burger umgibt. 

Mit „Hicksville“ legt  Dylan Horrocks eine komplexe Geschichte vor. In seiner Graphic Novel bedient sich Horrocks verschiedener Erzählebenen, um den einzelnen Charakteren gerecht zu werden. Dabei scheint in Hicksville jeder Charakter ein mehr oder weniger kleines Geheimnis zu hüten – ganz abgesehen von dem Geheimnis, das ganz Hicksville umgibt.

Horrocks beleuchtet dabei mit ironischer Distanz, die sich wohl allein schon aus der geografischen Entfernung von seinem Heimatland, Neuseeland, zu den USA ergibt, das Treiben der amerikanischen Comicindustrie. Dick Burger ist aufgrund seiner Story um Captain Tomorrow zu einem gefeierten Star aufgestiegen. Er schwimmt nicht nur im Geld und lässt das jeden spüren, sondern springt auch mit Größen wie Stan Lee oder Todd McFarlane um, wie es ihm beliebt. Diese Anspielungen sind herrlich und lassen den Leser öfter breit grinsen.

Horrocks bedient sich außerdem des Stilmittels des Comics im Comic, um Dick Burgers Captain Tomorrow zu schildern oder etwa um Sam Zabels Figuren, einem eher erfolglosen Comickünstler aus Hicksville, zu zeigen. Dabei ist Sam Zabel so etwas wie das erfolglose Spiegelbild von Dick Burger und doch hat man als Leser oft das Gefühl, als identifiziere sich Horrocks, der ja auch schon für DC Batgirl geschrieben hat, mit Sam Zabel.

Natürlich gibt es auch feine Anspielungen auf Cosplay, wobei die einzig maskierte Superheldin bezeichnenderweise Batgirl ist.

Bei den Anspielungen bekommt Marvel etwas mehr Fett ab wie DC, aber Horrocks überzieht dabei nie. Gekonnt spielt er mit feiner Ironie und den gängigen Klischees, mit denen er dann aber auch wieder bricht, so dass der Plot für den Leser erst dann vorhersehbar wird, wenn Horrocks das Geheimnis um Burger und Hicksville ohnehin enthüllt. Und spätestens dann wird auch klar, dass Hicksville eine Liebeserklärung an die Neunte Kunst ist. Für Comicliebhaber ist dieser Band ein „Muss“, aber dank des ausführlichen Glossars sollten auch Leser klarkommen, bei denen es nicht sofort bei jeder Anspielung klickt. 

Das Artwork ist in schwarz-weiß gehalten. Sein reduzierter Strich erinnert bei der Darstellung der Charaktere ein wenig an die Ligne Claire und mag zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig erscheinen. Lässt man sich jedoch auf den Plot ein und vor allem auf die Einleitung ein, in der Horrocks über eine Figur etwas augenzwinkernd schildert, dass er gegen den Drang kämpft, den Comic neu zu zeichnen, erkennt man schnell, dass Hicksville gar nicht anders gezeichnet werden darf.

Unabhängig davon wird sich jeder Leser nach dem Genuss des Bandes (nichts Anderes ist es) mit der Frage beschäftigen, ob Hicksville eine Metapher für einen Ort ist, an dem die Comics von jedem Kommerz befreit sind oder nur eine genial witzige Idee von Dylan Horrocks. 

Hicksville, 272 Seiten, Reprodukt, 24 €

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