Über die Andersartigkeit

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Mit „Insekt“ hat Sascha Hommer 2006 ein eindrucksvolles Debüt vorgelegt.

 Handlung: Pascal und Dennis leben in einer Stadt, in der es aufgrund von erhöhten Produktionsaufkommens sehr viel dichten Rauch gibt. Pascal ist sehr beliebt in seiner Klasse und wird folglich zum Klassensprecher gewählt. Er interessiert sich für die Gegend außerhalb der Stadt, wo es keinen Rauch geben soll und die Insekten leben. Seine Mutter besucht dort regelmäßig ihre Schwester und nimmt ihn mit. Pascal ist überrascht, dass die Insekten tatsächlich leben und kein Märchen sind. Er freundet sich mit seinem Cousin an, er ihm einen Drachen schenkt.

Als er wieder zurückgekehrt ist, zeigt ihm ein Mädchen eine versteckte Höhle, an dessen Ende s ebenso keinen Rauch gibt. Als sie dort angekommen sind, erschrickt das Mädchen vor Pascals Aussehen, denn er ist ein Insekt. Nachdem sich dies in der Schule herumgesprochen hat, verändert sich Pascals Welt. Er ist plötzlich unbeliebt, wird als Klassensprecher abgewählt und von allen verstoßen und gehänselt. Schließlich wird er auch der Schule verwiesen, was die Eltern dazu bewegt, umziehen zu wollen.

Abends lässt Pascal seinen Drachen steigen. Dabei wird er von seinen ehemaligen Mitschülern überfallen. Sie fesseln ihn an einen Baum. Dort gesteht in einem unbeobachteten Moment ein Mädchen Pascal, dass sie ihn liebt. Pascal kann sich befreien und verlässt mit seiner Mutter vorläufig die Stadt. Bei seinem Cousin, Sven, kann er wieder unbeschwert leben und lernt sogar zu fliegen.

Fazit: Mit Insekt legt Sascha Hommer eine sehr symbolträchtige Story vor. So steht der Rauch, der in der Stadt das Leben bestimmt, für die Hektik, die Betriebsamkeit und alles Andere, was die Stadt ausmacht. Ohne Taschenlampe können sich die Menschen nicht oder kaum orientieren und können auch daher nur dem schmalen Lichtschein der Taschenlampe folgen. Der Blick links und rechts davon bleibt ihnen verwährt. Dieses Geschehen verdeckt der Rauch. So entsteht zwangsläufig eine gewisse Uniformität in einer beklemmenden Atmosphäre, der sich die Menschen nur allzu bereitwillig unterwerfen.

Pascal ist ein beliebter und akzeptierter Mitschüler, bis ein Mädchen erkennt, dass er ein Insekt, also andersartig, ist. Plötzlich verkehrt sich alles, was ihn ausgemacht hat, ins Gegenteil. Mitschüler und Schule verstoßen ihn. Er wird vertrieben, denn seine Andersartigkeit wird als eine Art Abartigkeit betrachtet. Dabei unterscheidet Hommer kaum zwischen Kindern, die ja bekanntlich grausam sein können, und Erwachsenen, für die die Schule steht. Sein Dasein als Insekt selbst steht für alles, womit Menschen ausgegrenzt werden können, sei es Religion, Sexualität oder Hautfarbe.

Erst bei seinem Cousin und seiner Tante fühlt sich Pascal wieder befreit. Dabei steht das Fliegen für seine neu gewonnene Unbekümmertheit und Freiheit.

Sein Cousin ist begeisterter Fan des Insektmannes, einer Art Superman der Insekten, der die Funktion eines Idols hat und somit für die Hoffnung steht.

Erstaunlich ist, wie es Hommer in seiner beachtlichen Erzählung gelingt, die kindliche Perspektive und die damit verbundene Naivität seines Helden mit einer klaren und zutreffenden Beobachtungsgabe zu verbinden. So stellt Insekt nicht nur einen beliebigen Comic dar, sondern eine Graphic Novel die seinen Lesern neben aller Unterhaltung auch den einen oder anderen Denkanstoß geben wird. 

Insekt, Reprodukt, 127 Seiten, SC (Taschenbuchformat), 10 €

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