Great Pacific Vol. #1 „Trashed“

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GP_1Im südlichen Pazifik treibt die Meeresströmung den kompletten Müll der Ozeane zusammen. Mittlerweile hat sich dort eine Insel aus Müll gebildet. Ein menschlicher Artefakt, zugleich Sinnbild für die Zerstörungswut wie Schaffenskraft der Menschen.

Chas Worthington ist Erbe eines Ölimperiums. Er ist somit Quelle des Unrats sowie der Einzige, der sich um dieses Thema zu kümmern scheint. Zusammen mit seinem besten Freund Alex macht er sich auf, einen neuen Staat auf der Insel des Mülls auszurufen. „New Texas“ ist der Versuch Worthingtons auf lokaler Ebene eine Weltveränderung zu starten. Blauäugig reist er zu der Insel, ruft seinen Staat aus und muss leider bemerken, dass er nicht alleine vor Ort ist.

Joe Harris schreibt unbemerkt von der Öffentlichkeit verschiedene Serien und hat in der Vergangenheit als kompetenter Auftragsautor auf sich aufmerksam gemacht. Great Pacific ist seine erste Serie, die inhaltlich für Aufmerksamkeit gesorgt hat.

Trashed ist eine eigenwillige Mixtour aus Coming of Age Geschichte, politischer Meditation sowie metaphysischem Mumbojumbo. Im ersten Band geht es um die Reifung des Hauptcharakters Chas Worthington. Er muss lernen, dass eine große Idee auch harte Arbeit und die Überwindung vieler Hindernisse bedeutet. Die Metapher der Insel des Mülls ist ein Geniestreich. Sie ist vielschichtig und dabei der Ausgangspunkt großer Themen – Fragen der individuellen wie staatlichen Souveränität. Was bedeutet unternehmerische, wie groß ist der Umfang individueller Verantwortung? All das geschieht überraschend geordnet und wirkt nicht chaotisch. Selbstverständlich werden diese Fragen in einem ersten Band nur aufgeworfen und nicht beantwortet. 

Gegen Ende des ersten Bands vollzieht die Story einen explizit politischen Turn, mit internationalen Komplikationen samt militärischer Konfrontation. Da der zweite Sammelband den dazu passenden Titel „Nation Building“ hat, ist die Hoffnung groß, dass sich Joe Harris etwas stärker den politischen Implikationen seiner spannenden Idee widmet. Sein New Texas, seine Insel des Mülls, erinnert nicht umsonst stark an die Antarktis.

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Die Zeichnungen von Martin Morazzo haben einen sehr eigenen Stil. Seine Stärken liegen eindeutig in den Hintergrundzeichnungen. Seine Müllberge haben eine eigenartig grazile Gestalt. Man findet einen Hauch Geoff Darrow in seinen Zeichnungen. Seine Figuren sind leider nicht ganz so gelungen. Von der gleichen grazilen Natur wie der Hintergrund geschaffen, haben sie leider oft etwas Knetmännchenartiges. Morazzo beherrscht nur ein Gesicht. Glücklicherweise beherrscht er dieses Gesicht vollständig und schafft jegliche menschliche Emotion zu transportieren. Insofern wirken seine Figuren wie Menschen und nicht wie Karikaturen. Morazzos dünner Strich, seine Mischung aus kompletter Leere und gequetschtem Raum, verleihen dem Comic etwas Feenhaftes. Selbst die Kampfszenen wirken wie in Zeitlupe aufgenommen. In Summe wünscht man sich ein zweites Gesicht. Einen anderen Zeichner wünscht man sich aber nicht.

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Great Pacific hat ein vielschichtiges Debüt hingelegt. Die Weichen sind gestellt für interessante Geschichten. Es wird spannend zu beobachten sein, in welche der vielen Richtungen sich die Serie weiterentwickeln wird? Great Pacific ist eine Empfehlung für all die Leser, die gerne auch noch Tage und Wochen später über einen Comic nachdenken wollen.

Great Pacific Vol. #1 „Trashed!“

Von Joe Harris und Martin Morazzo

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